Erfolgsgeschichten

Senatorin im Gespräch mit Qualifzierungs-Teilnehmerin bei Hansa-Taxi
© Sozialbehörde/Oliver Tjaden

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Hansa-Taxi – ein Hamburger Unternehmen

Hansa-Taxi suchte nach einem simplen Sprachkurs für seine Mitarbeitenden – und bekam dank IQ einen umfangreichen und für sie kostenlosen Beratungsprozess. Heute setzt das Hamburger Unternehmen auf integrative Maßnahmen und eine innovative Willkommenskultur.

Sozialsenatorin Leonhard im Gespräch mit einer Kursteilnehmerin bei Hansa-Taxi
© Oliver Tjaden Im Mai 2019 besucht Dr. Melanie Leonhard den Taxischeinkurs von Hansa-Taxi. Dabei lernt die Hamburger Senatorin für Arbeit, Soziales, Familie und Integration auch Sara Abebe aus Äthiopien kennen. Die angehende Taxifahrerin ist ein echtes Vorbild. Denn nur vier Prozent aller Hansa-Taxis in Hamburg werden von Frauen gesteuert.

Zwei Drittel der Taxifahrer*innen bei Hansa-Taxi haben einen Migrationshintergrund. Zudem registriert das Hamburger Unternehmen seit einigen Jahren eine deutliche Zunahme an zugewanderten Bewerberinnen und Bewerbern. Obwohl das Taxiunternehmen dringend Nachwuchs sucht, musste es trotzdem viele abweisen. Um dies zu ändern und Hansa-Taxi bei der Rekrutierung von passenden Fachkräften mit Migrationshintergrund besser aufzustellen, wird es seit 2017 von dem IQ Projekt „migration.works“ von basis & woge e. V. begleitet.

Deutschkurs soll das Problem beheben

Als Gründe für die abgelehnten Bewerbungen nennt Projektleiter Thomas Panknin von Hansa-Taxi in erster Linie die mangelnden Sprachkenntnisse, die nicht bestandenen Aufnahmetests und den schlechten Verlauf von Bewerbungsgesprächen. „Zudem verfügen viele nur über mangelnde regionale Kenntnisse. Wir sind aber in ganz Norddeutschland unterwegs. Unsere Fahrer müssen die ungefähre Lage der wichtigsten Städte und Flüsse kennen - auch ohne Navi.“ Doch viele Bewerberinnen und Bewerber wüssten nicht, wo beispielsweise Ost- und Nordsee liegen. Weitere Probleme ergeben sich auch im täglichen Miteinander – zum Beispiel bei der Begrüßung, im Umgang miteinander oder im Serviceverhalten gegenüber den Fahrgästen: „Einmal kam es beispielsweise zu der Situation, dass ein Fahrer sich geweigert hat eine Fahrt fortzuführen, weil sich ein Pärchen im Taxi geküsst hat“, schmunzelt Panknin.

Entwicklung einer neuen Willkommenskultur

Anfang 2017 suchte Panknin nach möglichen Unterstützungsangeboten und erkundigte sich beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in Berlin. „Unsere Idee war es, dass ein Deutschkurs das Problem lösen könnte“, erklärt Panknin. Das BAMF vermittelt ihn direkt an das IQ Netzwerk Hamburg. Seitdem ist viel passiert. 

Die heutige Unterstützung und Maßnahmen gehen weit über die ursprüngliche Idee von Sprachkursen hinaus und setzen komplett anders an. Die Koordination des IQ Netzwerks Hamburgs holt hierfür die Expertinnen und Experten für interkulturelle Kompetenzentwicklung und Antidiskriminierung mit ins Boot – das Team von migration.works. Beim ersten gemeinsamen Beratungsgespräch mit dem Vorstand, Aufsichtsrat und Schiedsausschuss von Hansa-Taxi ging es zunächst um eine begriffliche Klärung: Was sind Geflüchtete, was Migranten und was bedeuten Sprache und Verstehen? Zudem wurden die Unterstützungsmöglichkeiten und Arbeitsweise von migration.works vorgestellt. Schnell war klar, dass man zusammenarbeiten wollte. Es folgte eine ausführliche Praxiserhebung: „Die ersten Monate haben wir umfangreiche Analysen bei Hansa-Taxi durchgeführt“, erklärt Birte Weiß, Projektleiterin von migration.works. „Wir haben an Schulungen und Tests im Schulungszentrum von Hansa-Taxi teilgenommen, Unterrichtsmaterialien gesichtet sowie Gespräche mit Schulungsteilnehmenden und Dozierenden geführt.“ In ausführlichen Beratungsgesprächen vor Ort wurden geeignete Maßnahmen entwickelt.

Offen für einen Kurswechsel

Hansa-Taxi 211 211 ist eine Genossenschaft aus mehr als 400 selbstständigen Taxi-Unternehmen mit rund 800 Fahrzeugen. Mehr als 1.500 Taxifahrerinnen und Taxifahrer sind Angestellte der genossenschaftlichen Taxi-Unternehmer. Die Schulung bezüglich Taxischein und Funkschein erfolgt im hauseigenen Ausbildungszentrum. Doch seit fast zwei Jahren wird es für das Unternehmen immer schwieriger, geeignete Mitarbeitende zu finden. „Wenn ich dann eigentlich gute Leute gehen lassen muss, weil sie die Prüfungen nicht bestehen, ist das natürlich eine Katastrophe“, erklärt Panknin. Der erfahrene Projektleiter kann einfach nicht verstehen, warum so viele durch die Prüfungen fallen: „Mir war damals noch nicht klar, was es bedeutet als Nicht-Muttersprachler eine schriftliche Prüfung mitzumachen. Dass Menschen mit Deutsch als Zweitsprache einfach länger brauchen, um eine Prüfungsfrage überhaupt zu verstehen, geschweige denn zu beantworten.“

Heute setzt das Unternehmen mit Unterstützung von migration.works auf sprachsensible Qualifizierungen und nimmt zunächst bei der IQ Fachstelle Berufsbezogenes Deutsch an einer entsprechenden Schulung teil. Um die speziellen Bedürfnisse von Menschen mit Deutsch als Zweitsprache besser berücksichtigt zu können, müssen Taxischein-Schulungen und Funkunterricht umstrukturiert werden. Seit Mai finden die entsprechenden Schulungen der Trainerinnen und Trainer statt. Für die Kursteilnehmenden begleitet migration.works die Entwicklung lernunterstützender Materialien. Das Ziel: die Durchfallquote insbesondere für Menschen mit Migrationshintergrund verringern und Barrieren beim Zugang zum Arbeitsmarkt abbauen. „Dank neu entwickelter, integrativer Maßnahmen bietet Hansa-Taxi zukünftig eine innovative Willkommenskultur und konnte sich als attraktiver Arbeitsgeber neu positionieren“, erklärt Weiß. „Für Menschen mit Migrationshintergrund wurde zugleich der Zugang zum Hamburger Arbeitsmarkt und zu einem Arbeitgeber mit attraktiven Verdienstmöglichkeiten erleichtert.“ Viele der Kursteilnehmenden bei Hansa-Taxi haben vorher in Aushilfstätigkeiten gearbeitet – als Pizzafahrer oder Kurier. 

„Der Prozess hat uns als Unternehmen die Augen geöffnet“ erklärt Panknin „So konnten wir erst die Hintergründe für einige Problemstellungen verstehen, reflektieren und einen komplett neuen Weg beschreiten.“ Das Unternehmen plant weitere Maßnahmen zur besseren Integration seiner vielfältigen Belegschaft.

Stand: Juni 2019